Das Berufliche Schulzentrum Hechingen (BSZ) gedachte am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von der vorrückenden Roten Armee befreit. Seit 1996 wird an diesem Tag in Deutschland der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Dem BSZ ist es ein großes Anliegen, gemeinsam mit dem Hechinger Synagogenverein mitzuhelfen, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten. Die diesjährige Gedenkstunde in der Hechinger Synagoge wurde vom 12-er Literatur- und Theaterkurs mit seinen beiden Lehrern Christoph Müller und Alexander Storz gestaltet. Im Mittelpunkt stand die Auseinandersetzung mit dem Werk des Prager Schriftstellers Franz Kafka, der bereits vor seinem Tod 1918 die Abgründe der menschlichen Natur beschrieb und damit die Mechanismen, die auch zum Holocaust führten, erahnte.
Die Gedenkstunde begann mit einer Tempo-Fuge, in der die Schülerinnen und Schüler immer schneller werdend Zitate von und über Kafka ineinander verwebten. Anschließend wurde Kafkas „Brief an den Vater“ szenisch dargestellt. Vom Brief ausgehend trugen die Schülerinnen und Schüler ein selbst verfasstes, fiktives Interview über Kafka vor. Auch eine Lesung aus Kafkas „In der Strafkolonie“, veröffentlicht 1914, zeigte, wie der „Brief an den Vater“, einen eindrücklichen Blick in Kafkas Welt des Verlorenseins. „In der Strafkolonie“ beschreibt er ein menschenverachtendes Strafsystem, das aber als gerecht und notwendig dargestellt wird und damit Parallelen zur Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten und ihren Zielen im Holocaust nahelegt.
Obwohl der Holocaust nun Generationen zurückliege, betonte die Schülerin Amelie Gross in ihrer Rede die Aktualität des heutigen Gedenktages. Er sei ein Mahnmal, welches daran erinnere, wie zerbrechlich die Menschlichkeit sein könne, wenn Hass und Vorurteile nicht in Schach gehalten würden. „Wir sind gefordert, nicht nur die offensichtliche Formen von Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu erkennen, sondern auch die subtilen und unbemerkten Wege“, sagte Gross. „Ein ‚Nie wieder!‘ darf keine leere Phrase bleiben, sondern muss ein Versprechen sein. Wenn Demokratie, Menschlichkeit und Freiheit in Gefahr sind, müssen wir laut und deutlich ‚Nein!‘ sagen“, appellierte Gross an die zahlreich erschienen Gäste in der Synagoge.
In Anlehnung an die Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ ließen die Schülerinnen und Schüler Flugblättchen mit Kafka-Zitaten von der Empore der Synagoge regnen. „Nehmen Sie diese Flugblättchen mit nach Hause und gedenken sie derer, die Widerstand geleistet haben. Lassen Sie uns immer gegen das Vergessen und für ein mutiges Bekenntnis zur Menschlichkeit zusammenstehen“, verabschiedete Amelie Gross die Gäste der diesjährigen Gedenkstunde.